VfL schafft eine Sensation gegen Reutlingen

Extrem ersatzgeschwächt schaffen die Herren des VfL die größte Überraschung der laufenden Saison. Bei dem hart erkämpften 75:71 über den Aufstiegsaspiranten Reutlingen Ravens begeisterte das zusammengewürfelte Team die 300 Zuschauer in der AKG-Sporthalle, die in der Schlussphase zu einem wahren Tollhaus wurde.

Die Ausgangsposition für den VfL war schwierig bis aussichtslos. Nur vier gesunde Spieler standen aus dem elfköpfigen Kader zur Verfügung, darunter der mit getaptem Knöchel antretende Johann Roth. Zum Team gesellte sich kurzfristig der noch grippegeschwächte Richard Maurer. Felix Becker saß beim Aufwärmen zunächst am Spielfeldrand, entschied sich dann 20 Minuten vor Spielbeginn, es doch zu probieren, obwohl er auf den schmerzenden Fuß kaum aktiv auftreten konnte. Mit Zied Sadfi, Elijah Kolbe und Jeroen Haaf hatte Coach Christian Roth drei Akteure aus der Bezirksliga angeheuert. Sadfi musste dann auch gleich in der Starting Five antreten.

Und dieser machte seine Sache sehr gut. Mit ihm als Vertretung für Tilman Isensee und Jonas Gieseck auf der Centerposition hielt man die Gäste fern der gefährlichen Positionen. Die verbliebenen Spieler des Regionalligakaders harmonierten in der Offensive und beim Zwischenstand von 10:1 (5. Spielminute) für die Gastgeber wunderten sich nicht nur die Gäste aus Reutlingen über den Turbo-Start des VfL. Eine Auszeit brachte diese allerdings in die Spur und die ersten Bensheimer Spielerwechsel trugen ebenfalls dazu bei, dass der Angriffsmotor ins Stocken kam. Dennoch konnte man mit 14:15 nach dem ersten Abschnitt sehr gut leben. Die Verteidigungstaktik des Coaches war aufgegangen und sollte in der Folge das Fundament für den VfL-Erfolg bilden.

Jugendspieler Elijah Kolbe gab nun den Aufbauspielern Roth und Kraus eine Pause und glänze mit hervorragendem Timing bei den Rebounds, Jeroen Haaf entlastete auf den großen Positionen und war als Ballverteiler sehr wertvoll. Nur der in der ersten Spielhälfte überragende Marc Liyanage wurde nicht ausgewechselt. Dieser nutzte den durch das bereits dritte Foul des Reutlinger Profis Javier Turner freiwerdenden Platz in Korbnähe und sorgte dafür, dass der VfL in Schlagdistanz blieb. Mit der Halbzeitsirene fiel dann auch noch der einzige Dreier von Felix Becker in den Korb, so dass man beim 30:33 eigentlich hoffnungsvoll in die Kabine gehen konnte. Unglücklicherweise hatte sich ausgerechnet Marc Liyanage kurz vor der Pause bei einer Angriffsaktion am Knöchel verletzt und es war schnell klar, dass man für den Rest der Partie auf den bis dahin besten Spieler auf dem Feld verzichten musste.

Zu der misslichen Personalsituation war jetzt ein weiterer gravierender Ausfall dazugekommen. In der Halle glaubte keiner mehr an ein Comeback des VfL. Nach dem Seitenwechsel zeigte insbesondere Johann Roth, dass er neben dem Aufbauspiel nun auch die Scorerrolle übernehmen würde. Neun seiner 14 Punkte erzielte er im dritten Viertel und sorgte mit zwei sicher verwandelten Freiwürfen sogar für die 52:50 Führung vor dem Start des letzten Abschnitts. Die Bensheimer Spieler ließen in der Verteidigung bis zum Ende nicht mehr nach. Die Intensität konnte sogar noch erhöht werden und bildete die Basis für das schnelle Umschaltspiel des VfL. Die Partie entwickelte sich in den letzten fünf Minuten zu einem Drama in mehreren Akten. Das 59:59 erzielte Turner mit einem krachenden Dunking über die Bensheimer Defense.

Davon unbeeindruckt setzte Johann Roth seine Mitspieler offensiv in Szene. Richard Maurer ließ einen Korbleger und einen Dunking folgen, um mit der nächsten Aktion sein fünftes Foul zu begehen. Julius Kraus, der eine kurze Pause auf der Bank erhalten hatte, ersetzte Maurer direkt wieder und setzte den Bensheimer Lauf mit einem Dreier zum 66:59 fort. Die Ravens kamen schnell auf 66:64 heran. Felix Becker erhöhte um zwei Punkte für Bensheim, ehe Johann Roth Jan Tschakaloff freispielte, der aus der Ecke zum 71:64 traf und die AKG-Sporthalle zum Beben brachte. Noch 90 Sekunden, die Gäste gaben sich nicht geschlagen, erzielten schnell fünf Punkte und kamen auf zwei Zähler heran. Jan Tschakaloff wurde gefoult und hätte mit zwei Freiwürfen 5,8 Sekunden vor Schluss alles klar machen können. Doch ihm versagten zunächst die Nerven, beide Würfe gingen daneben. Felix Becker gelang es aber den Abpraller zu Tschakaloff zu tippen, der erneut gefoult wurde, um die Spielzeit zu stoppen. Mit 4,6 Sekunden auf der Uhr schaffte es der Flügelspieler nun, beide Freiwürfe zu versenken und für die Entscheidung der Partie sowie ohrenbetäubenden Jubel in der Halle zu sorgen.
Es spielten: Johann Roth (14 Punkte / 2 Dreier), Elijah Kolbe, Marc Liyanage (15 / 1), Richard Maurer (8), Julius Kraus (10 / 2), Felix Becker (11 / 1), Zied Sadfi, Jeroen Haaf (6), Jan Tschakaloff (11).